Unternehmenswachstum ist und bleibt Knochenarbeit

18.02.2019
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Wachstum ist gerade für KMU ein wichtiger Pfeiler der Zukunftssicherheit. Besonders in der Software-Branche steigen Anforderungen und Komplexität stetig an, sodass immer wieder Investitionen nötig sind. Ohne Fremdkapital können diese nur durch Wachstum finanziert werden. Wachstums-Strategien sind anspruchsvoll, meist komplex und bringen Risiken mit sich. Aber sie sind eben auch: alternativlos

  • Typische Wachstumsprobleme findet man in den Bereichen Anpassbarkeit, Vertrauen und Ressourcen.
  • Realistische Lösungsansätze sehe ich in gutem Change Management, rigoroser Kostenkontrolle und sinnvoller Digitalisierung.
  • Keine Angst vor Wachstum. Ja, es wird Probleme geben und manchmal auch Schmerzen. Eine bewusste Entscheidung gegen Wachstum können sich jedoch nur die wenigsten Unternehmen leisten.

1 Kein Wachstum ohne Schmerzen

Wachstum als Ziel unternehmerischer Arbeit ist für die meisten sicherlich Normalität. Nur wenige Firmen wollen bewusst klein bleiben oder können ihren erreichten Zustand aufgrund der Marktverhältnisse nicht mehr vergrössern. Mit Wachstum verbinden wir eine ganze Reihe positiver Zielbilder: mehr Umsatz und Ertrag, höhere Attraktivität für Talente und ganz besonders die Sicherung der Zukunftsfähigkeit.

Oft ist Wachstum schlichtweg eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, ohne die ein Unternehmen nicht langfristig bestehen kann. Nirgendwo wird dies besser sichtbar als in Technologie Start-ups. Wer sich nicht schnell genug Marktanteile sichert, wird entweder vom Marktführer aufgekauft (es kann schlimmeres geben) oder verliert Wagniskapital und damit mehr und mehr seine Daseinsberechtigung.

Doch auch für viele Unternehmen ohne externe Geldgeber gilt: Wachstum ist nicht optional, sondern gehört zum Pflichtprogramm. Für Softwarehersteller gilt beispielsweise folgende Faustregel: Das Entwickeln der nächsten Software-Generation kostet doppelt so viel wie die Aktuelle. Und dass in einem Zeitraum von 3-5 Jahren. Ohne Wachstum ist dies nicht zu realisieren. Als relevanteste Gründe für diesen Umstand sind sicherlich folgende zu nennen:

  • Zunehmender Wettbewerb
  • Neue Technologien
  • Wachsende Anforderungen an Qualität, Effizienz und Funktionalität

2 Typische Wachstumsprobleme

2.1 Gewohnheiten werden verändert

Strebt ein Unternehmen Wachstum an, benötigt es in der Regel dafür eine Strategie. Das bedeutet, dass Dinge morgen anders sein werden als heute. Es werden Massnahmen beschlossen, durch die sich hoffentlich mehr Attraktivität, Aufmerksamkeit und natürlich Umsatz erzielen lassen. Das geht oft einher mit mehr Menschen, mehr Budget, mehr Arbeit und neuen Anforderungen.

Daraus entsteht Veränderung. Und Veränderung ist mindestens anstrengend, meistens aber auch schmerzhaft. Am deutlichsten zeigt sich das in den Geschäftsprozessen eines wachsenden Unternehmens.

Vergleichen wir beispielhaft zwei Unternehmen. Unternehmen A hat 12 Mitarbeitende an einem Standort. Unternehmen B hat 55 Mitarbeitende an drei Standorten.

In Unternehmen A kommen alle morgens für ein kurzes Meeting zusammen. Man gibt sich Updates zum Stand der Dinge. Was für A gut funktioniert, ist für B nicht denkbar. Das lieb gewonnene Stand-Up Meeting wird spätestens mit dem zweiten Standort zu einem Hindernis. Und schon wissen nicht mehr alle untereinander, was und wie es läuft. Der Informationsaustausch muss bei B anders organisiert werden.

Gute Kommunikation ist im Wachstum oft eine Grossbaustelle. Neben dem operativen Austausch entsteht schnell eine neue Schicht der Kommunikation rund um Wachstumsziele, Fortschritte und damit verbundene Einflüsse auf das Tagesgeschäft.

TIPP: Genügend Ressourcen einplanen, um den sich verändernden Anforderungen an eine gute Kommunikation gerecht zu werden. Ansonsten verliert man unnötigerweise Energie und Motivation.

2.2 Einschränkungen verändern meine Arbeit

Niemand mag sie, aber ohne sie herrscht Chaos: Die Bürokratie. Auch Verwaltungsapparat genannt. Und solch einen Apparat – und zwar einen möglichst schlanken – benötigt ein Unternehmen für nachhaltiges Wachstum.

Für den Einzelnen geht damit eine Einschränkung in der eigenen Arbeit einher. Hier ein paar plakative Beispiele:

  • Früher habe ich meinen Urlaub einfach im Kalender eingetragen, heute benötige ich eine Stellvertretung und einen Antrag.
  • Früher konnte ich meine erbrachten Leistungen am Verrechnungstag über den Schreibtisch rufen, heute muss ich sie fein säuberlich in einem System erfassen.
  • Früher habe ich meine Dokumente auf dem Desktop abgelegt, heute muss ich mich mit mehr Aufwand an Vorgaben aus Qualitätsmanagementsystemen wie ISO 9001 halten.

TIPP: Veränderungen, welche als Einschränkung wahrgenommen werden frühzeitig ansprechen und thematisieren. Schliesslich ist der Mensch ein Gewohnheitstier und benötig Zeit sich an neue Gegebenheiten anzupassen.

2.3 Vertrauen muss erweitert werden

Mit jeder neuen Person im Team steigt potentiell die Komplexität der Zusammenarbeit. Gegenseitiges Vertrauen muss zuerst aufgebaut werden, bevor es als Fundament dafür sorgt, dass man sich aufeinander verlassen kann und ein effizienteres Zusammenarbeiten ermöglicht.

Tobi Lütke, CEO der E-Commerce Plattform Shopify, hat dafür den Begriff der "trust battery" geprägt, also der Vertrauens-Batterie. Kommen neue Menschen in ein Unternehmen, so ist diese Batterie zwischen ihnen und Menschen aus dem bestehenden Team zu 50% geladen. Der Weg zur vollen Ladung führt über viele gemeinsame Erlebnisse, Erfolge und auch Niederlagen.

Wird ein Team beispielsweise um 10% erweitert oder erneuert, steht viel Arbeit im Bereich Vertrauen an. Ohne Garantie auf Erfolg, versteht sich.

TIPP: Aktiv Raum und Gelegenheiten schaffen, damit sich Teammitglieder konstruktiv reiben und so als Team zusammenwachsen können. Dies kann auch ausserhalb des geschäftlichen Alltags passieren, muss es aber nicht zwingend.

2.4 Ressourcen werden strapaziert

Neben dem anstrengenden Aufbau von Vertrauen führt Wachstum zu einem echten Dilemma. Operatives Geschäft kämpft mit Wachstums-Massnahmen um Ressourcen. Bestehende Kunden haben wenig Verständnis dafür, dass sie nun länger auf Antworten oder Arbeiten warten müssen, nur weil das Unternehmen im nächsten Geschäftsjahr schneller wachsen und damit mehr Umsatz erwirtschaften will.

Hier lassen sich Symptome für Wachstums-Probleme vermutlich am besten erkennen. Nur wer bereits vor aktiver Wachstums-Arbeit die Kundenzufriedenheit misst, kann Veränderungen feststellen und bei Bedarf korrigierende Massnahmen einleiten. Ein geeignetes Instrument kann der net promoter score sein (NPS, Erläuterung auf Wikipedia). Fällt dieser in der Wachstumsphase signifikant ab, kann dies unterschiedlichste Gründe haben:

  • Zu viele Ressourcen aus dem operativen Geschäft wurden für Wachstumsaufgaben abgezogen
  • Bestandskunden wurden zugunsten der Neukundengewinnung vernachlässigt
  • Die Qualität gegenüber den Kunden nimmt ab, weil die Mitarbeiter unzureichend in die Veränderungsprozesse eingebunden wurden

TIPP: Frühzeitig die Kundenzufriedenheit messen oder zumindest aktiv beobachten, damit frühestmöglich Gegensteuer eingeleitet werden kann.

3 Lösungsansätze

3.1 Sinnvoll digitalisieren

Wenn jedes % Wachstum 1:1 mittel- oder langfristig mit wiederkehrenden Kosten erkauft wird, stellt sich die Frage nach Sinn und Zweck sowie der gewählten Vorgehensweise. Wird Wachstum hingegen von schlanken Prozessen ohne "Extrawürste" und sinnvoller, zielgerichteter Automatisierung begleitet, so entsteht ein nachhaltiger Mehrwert. Wie das am Beispiel der Rechnungsstellung funktionieren kann, haben wir im Blogartikel Digitalisierung greifbar: Rechnungsstellung erläutert.

3.2 Management Kapazitäten aufbauen

Diesen Schritt sind wir bei Vertec gegangen. Seit Juni 2018 haben wir eine CEO-Doppelspitze . Aus unserer Sicht können wir nur so genügend Umsetzungskraft für das avisierte Wachstum und das Management der damit einhergehenden Veränderungsaufgaben entfalten. Denn grössere Teams bedeuten höhere Anforderungen an Mitarbeiter und ans Management, an die Führung und an ausgereifte, standardisierte Prozesse.

3.3 Steigende Kosten im Budget bedenken

Wachstum muss man sich leisten können. Denn alle Investitionsmassnahmen erzeugen zuerst mal nur eins: höhere Kosten. Dem gegenüberstehen aber keine sofort steigenden Umsätze. Viele Massnahmen werden erst in Monaten oder gar Jahren greifbare Ergebnisse liefern. Eine solide Planung und ein rigoroses Kostenmanagement sind nach unserer Erfahrung hier die grössten Erfolgsgaranten.

3.4 Change Management als permanenten Begleiter verstehen

Eine Wachstumsbeschleunigung hat immer auch mit Veränderungen zu tun. Die Aufwände und individuellen Herausforderungen beschäftigen seit langen Heerscharen von Personalern, Projektleitern und Führungskräften. Eine persönliche Sicht zu diesem Thema und den Unterschieden zwischen Grossunternehmen und KMU ist in einem meiner LinkedIn Artikel zu finden.

Bei Vertec setzen wir uns schon lange aktiv mit diesem Thema auseinander. Auf Geschäftsleitungsebene erleben und erfahren wir in einer Serie von Workshops viel über Change Management. Dabei stellen wir uns immer selbst auf den Prüfstand und reflektieren uns kritisch. Daraus entstehen Erkenntnisse und Massnahmen, welche uns helfen, unsere eigene Wachstumsstory bewusst und erfolgreich umzusetzen.

4 Fazit

Zukunftssicherheit ist eng verknüpft mit den Themen Wachstumsstrategie, Veränderungsmanagement, Kundenzufriedenheit, Vertrauen und Kostenmanagement. Auch wenn wir uns bei Vertec sehr intensiv (Knochenarbeit!) damit auseinandersetzen, werden wir ab und zu überrascht. Nach unserer Erfahrung geht es dabei um folgende Punkte:

  • Äussere Faktoren (z. B. die Konjunktur des Marktes) verhalten sich anders als angenommen
  • Die Optimierung und Automatisierung von Prozessen erzeugt unvorhergesehene Probleme (z. B. nicht dokumentierte Abhängigkeiten)
  • Eingeschliffene interne Abläufe oder unterschiedliche Wertevorstellungen sind nicht bekannt oder werden unterschätzt

Wir sind bei Vertec stolz auf das Erreichte und unsere Fähigkeit, uns stetig weiter zu entwickeln. Die von uns erlebten Wachstumsschmerzen konnten wir bisher sehr gut nutzen, um dazu zu lernen und uns zu verbessern.

Dieser Blogartikel erschien zuerst auf meinem LinkedIn Profil.

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